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Kinderherzen müssen zusammen klopfen

Ich bin traurig. Und ein bisschen wütend. Weil dieser blöde Virus nicht ebenso schnell verschwindet, wie der Inhalt einer Flasche Corona-Bier. Weil er das Leben weltweit bestimmt, auch meines. Und das Leben unserer zweijährigen Tochter. Und das wiederum, macht mich traurig. Weil der Zwerg nun täglich nach der Tagesmami fragt, nach den anderen Kindern, mit denen sie bei ihr ihre Zeit verspielen darf. Sie fragt nach ihrer Herzensfreundin, nach ihrem liebsten Freund und deren Eltern. Unseren Freunden. Sie will zu Oma und Opa, in dem gelben Haus um die Ecke; will mit ihrer Omimimi nicht nur telefonieren und den Gurkenopi mit seiner Gina wieder im Garten besuchen. Oder auf dem Schoß ihrer Uroma Kuchen naschen. Sie würde so gern wieder ihre Cousins schubsen und mit Onkel und Tante herumalbern. Ja, unsere Tochter hat glücklicherweise viele Menschen um sich. Und umso mehr vermisst sie diese jetzt.

im Urlaub statt Isolation – Hatschi statt Virus

„Sind alle im Urlaub.“, zuckt sie mit den Schultern und begnügt sich mit Mama als Spielkameradin. Im Urlaub. Ja, das ist unsere Art ihr zu erklären, wo denn alle hin sind. Wie sonst einem Kleinkind begreiflich machen, weshalb niemand vorbeikommt.

Doch dann treffen wir ihren besten Kumpel auf der Straße, weil er wie Oma und Opa gleich um die Ecke wohnt. Sie freut sich.

„Wieder da!“, trällert sie und läuft auf ihn zu.

„Stop!“, rufe ich und mein Herz krampft sich zusammen.

„Dein Freund hat vielleicht ein ‚Hatschi‘. Heute einfach mal nicht drücken und küssen. Bleib bei mir.“

Und in einem Zweimeterabstand schwatzen seine Mama und ich über unsere Alltagssorgen zwischen Haushalt, HomeOffice und Kinderbetreuung, während unsere Kinder sich hilflos anlächeln.

Verdammt! Ich bin so wütend. Und so traurig. Diese Regeln in der Pandemie, sie nagen an mir. Ich verstehe sie. Ich verstehe unsere Regierung. Das meiste davon jedenfalls. Und ich bin so froh, so dankbar, dass Deutschland bis dato nicht das Ausmaß an Todesopfern zu beklagen hat, wie viele andere Länder es tun. Ich bin glücklich darüber, keinen Fall in der Familie oder näheren Freundeskreis zu haben. Ich bin erfüllt davon, dass wir gesund sind. Das wir uns haben.

Nur einen Spielgefährten für unsere Tochter hätte ich gern.

Jemanden, mit dem sie ihre kindliche Fantasie ausleben kann, jemand, der denkt wie sie.

Natürlich spielen wir mit ihr. Natürlich beschäftigen wir sie. Wir sind albern und denken gern in bunten Farben. Wir sind Pferd, Kuschelbär und Fangmichdoch. Wir sitzen mit ihr im Sandkasten, der ebenso wie eine Rutsche, ein Häuschen und eine Kinderhollywoodschaukel, im Hinterhof stehen. Wir backen Sandkuchen und essen braunes Himbeereis, malen Regenbögen mit Kreide und spielen hinter der Gardine Verstecken. Wir lesen Bücher und haben das Stickern gelernt. Doch wir sind eben die Eltern. Das ist unheimlich viel. Das ist der Fels in der Brandung. Der sichere Hafen. Aber wir wissen eben nicht mehr, weshalb eine zweigeteilte Banane einem Weltuntergang gleichkommt. Warum heute die Tomatennudeln das leckerste Essen der Welt sind und morgen nicht mehr. Wir sind zu rational.

Und beginne ich mich zu fragen, was mit den Kindern passiert, deren Eltern schon vor der Krise und der Kontaktbeschränkung mit der Erziehung oder schlicht mit ihrem eigenen Leben überfordert waren? Was ist mit den Kindern, die in einem gewalttätigen Elternhaus leben?

Was passiert mit unseren Kindern?

Wie lange müssen sie noch isoliert bleiben? Wie lange hängt eine eventuelle Bestrafung, wie ein Damoklesschwert über den Eltern, die sich heimlich mit einem anderen Elternpaar und deren Kind oder Kindern treffen? Wird seitens der Regierung auch darüber nachgedacht? Natürlich, Schule und Abschlüsse sind wichtig. Keine Frage. Das Land und die Menschen darin zu schützen, sind wichtig. Ich stecke dafür gern zurück, stelle mich hinten an und kämpfe mich durch unseren neuen Alltag. Ich verstehe die Überlegungen zum Schutz der Bürger, ich verstehe die Maßnahmen – und dann schaue ich mein Kind an. Wie es mich anschaut und fragt, wann es wieder zu seiner Tagesmutti darf. Wann es Freunde treffen und den Spielplatz besuchen kann. Mein Herz wird schwer. Und dabei geht es unserer Tochter gut. Wir sind für Sie da. Wir sind gute Eltern.

Also liebe Regierung, liebe Politiker, die ihr sicher nicht alle (Klein-) Kinderlos seid, wie weit habt ihr gedacht? Malt uns Eltern doch bitte einen Hoffnungsschweif an den Horizont, den wir unseren Kindern mit auf den Weg geben können. Denn nicht nur unsere Herzen schmerzen, auch die unserer Kinder.

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