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Das Heute. Das Morgen und die Hoffnung.

Vor ungefähr zwei Wochen hatte ich einen Artikel geschrieben, der sich unter anderem mit dem „German talent“, der Miesepetrigkeit, aber auch mit Aspekten des positiven Denkens beschäftigt. Ich kam nicht dazu, ihn zu veröffentlichen*, weil er mir in dieser Zeit so unpassend erschien. Das möchte ich nun nachholen. Aber es gibt nun zwei Ausführungen. Den Beitrag vom 6. März 2020 und den, der in der Zukunft liegen wird. Ein Jahr später, am 6. März 2021.

Inspiriert dazu hat mich ein Bericht des Zukunftforschers Matthias Horx, den ich euch hier verlinkt habe. Vielleicht schwingt viel Hoffnung in seiner Sicht der Dinge mit, aber wenn wir nicht hoffen könnten, was dann?

6. März 2020

„Guten Morgen! Schönes Wetter heute.“, grüße ich den älteren Herren aus meinem Viertel.

„Wer weiß wie lange. Soll ja später regnen.“, meint er schulterzuckend und schließt dabei das Gartentor.

„Hm. Aber jetzt ist‘s schön. Das genieße ich.“, lache ich ihm entgegen und blinzele in die Sonne.

Tatsächlich ziehen zwei Stunden später graublaue Regenwolken auf und schlucken nicht nur das Licht, sondern auch ein bis zwei Grad Außentemperatur. Doch mittlerweile sitze ich am Schreibtisch, eine dampfende Tasse Tee neben und den Laptop vor mir. Ich habe meine Vitamin D-Speicher gefüllt und neue Energie getankt. Unser Hund schnarcht die frische Luft weg und ich überlege, weshalb die Deutschen so muffelig sind. Ist das ein ‚german talent‘, also eine Eigenschaft, die insbesondere uns Deutschen anhaftet? Dieses tiefe Stapeln, auch was das Glücksempfinden betrifft? Zuzugeben, dass heute ein schöner Tag ist, hieße auch zu zeigen, dass das Leben gut ist. Das es mir gut geht. Auch wenn es nicht alltäglich so ist. Zuzugeben, dass das große Ganze okay ist. Das Dasein. Und worüber sollte man dann reden, wenn man nicht muffeln kann. Oder Jammern. Deutschland. Opferland.

Oh, mich durchfließt auch nicht steter Sonnenschein von oben herab und nach hinten wieder raus. Die Zeiten sind auch für mich anstrengend. Und es gibt Tage, da bin ich mein eigenes Opfer. Gefangen in meinen Gedanken und mit düsterem Blick. Doch das ist mein Problem, nicht das meines Nachbarn oder der Kassiererin im Supermarkt, die eilends meine Waren über das Band schiebt. Nur leider nicht schnell genug für den ergrauten Herren hinter mir, der sicher seit zehn Jahren seinen Feier- und Lebensabend genießen könnte. Könnte. Wenn er wöllte. Nö.

Statt guter Laune, schiebt er mir lieber sein Wägelchen in die Hacken, hustet zigarettenatmig seinen Miesepetrigkeit auf das Warenband und der Kassiererin ein: „Geht’s auch schneller?“ entgegen.

Während ich bezahle und mich höflich verabschieden möchte, rückt der Herr näher und quengelt kindesgleich. Ich kenne das von meiner Tochter. Geduldig sein fällt ihr schwer. Doch sie ist erst zwei Jahre und weiß es nicht besser. Jetzt schiebt mich sein Arm zur Seite und ich frage laut, ob er einfach mal eine Umarmung benötige. Sein konsternierter Blick mustert mich sprachlos. Die Verkäuferin lacht. Wenigstens ihren Tag konnte ich etwas erheitern. Seinen nicht. Dabei hätte ich es getan. Einfach mal so. Fürs Gefühl. Manchmal braucht man jemanden, der einem die Hand ins Tal reicht und das erste Stück hinaufbegleitet.

So ging es mir gestern und dann hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem lieben Freund. Wir kennen uns mittlerweile über zwanzig Jahre und ich wollte meinen, wir kennen uns gut. Trotzdem konnte und kann er mich noch überraschen. Wir plauderten am Telefon über das aktuelle Leben und ich erzählte ihm von ein paar Schwierigkeiten, die sich wie lästige Fusseln einfach nicht abschütteln lassen. Mir fehlte einfach die richtige Kleiderbürste. Ich hatte meinen Freund immer für einen Pragmatiker gehalten und einen ebensolchen Fortlauf unseres Gespräches erwartet, aber nicht den Kalenderspruch, den er dann anwendete. Und das meine ich durchaus wohlwollend, denn er hat recht.

„Denk positiv!“

Verwirrt schaue ich auf das Display meines iPhone. Der Name meines Freundes war noch immer zu lesen. Er hat’s tatsächlich gesagt. Und auch so gemeint.

„Na meinst du ich wäre heute dort, wo ich bin, wenn ich nur die negativen Seiten betrachtet hätte.“, interpretiert er mein kurzes Schweigen richtig.

Ich lache.

„Bitte entschuldige!“, entschuldige ich auch mein Lachen, bevor er es falsch deutet. „Ich bin so einen Spruch von dir nicht gewohnt.“

Er hat recht. Ich weiß es. Und doch gibt es Tage, da trage ich mein Gefühl eben nicht wie ein Mottospruch auf einem Shirt mit mir herum. Die Einsicht ist dann weniger prägnant. Gestern war so ein Tag. Und dann war er es wieder nicht. Er wurde besser zum Nachmittag hin. Ich fing wieder an daran zu glauben, dass es gut wird.

Das wird es doch? Am Ende wird doch alles gut, oder?

„Denn wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“, möchte ich Oscar Wilde zitieren.

Und dann summe ich „Heile, heile Gänschen, es wird alles wieder gut.“ Nicht weil ich langsam verrückt werde, sondern weil ich an meine Tochter denke und wie ihr dieses Lied hilft, mit einer schmerzhaften Situation umzugehen. Und dann lache ich, weil auch eine Rutsche sie von unangenehmen Dingen ablenkt. Oder Pfützen. Ich erinnere mich an eine Situation vor wenigen Tagen. Es regnete Bindfäden. Ich hatte mein Kind gerade von ihrer Tagesmutti abgeholt und wollte nur schnell vom Auto ins Haus springen. Doch den Gedanken hatte ich ohne sie gemacht. Auf dem Gehweg vor unserer Eingangstür hatte sich eine Landschaft aus großen und kleinen Pfützen gebildet. Meine Tochter, mit Matschanzug und Gummistiefel bestens ausgestattet, interessierte das Nass von oben überhaupt nicht, vielmehr war sie von dem unteren fasziniert und hüpfte kurzentschlossen mitten hinein. Ich ließ ihr diesen Spaß. Kurz. Dann versuchte ich sie in den Hauseingang zu locken. Schließlich regnete es doch und man würde nass werden, erklärte ich ihr. Da schaute sie mich vorwitzig an und sagte: „Mama, Kapuze auf. Komm! Hops, hops!“ Ich zögerte kurz. Dann hüpfte ich mit ihr durch die Pfützen und es machte so viel Spaß.

Wenn ihr heute eine Frau mittleren Alters durch Pfützen springen seht, dann könnte ich das sein. Denn ich bin lieber ein bisschen verrückt, als miesepetrig. Ich stapele lieber höher und denke positiv. Und ich weiß, wenn die dicke Sorgenfussel zu sehr in meiner Kleidung hängt, gibt es immer einen, der die richtige Fusselrolle bereithält.

Danke Matze!

Denkt positiv und bleibt gesund!

6. März 2021

„Guten Morgen! Schönes Wetter heute.“, grüße ich den älteren Herren aus meinem Viertel.

„Hallo! Ja, herrlich heute. Es soll wohl später noch regnen, aber das wird meine Pflanzen freuen.“, meint er und schaut mir und meinem Hund noch ein wenig lächelnd hinterher.

„Ich blinzele in die Frühlingssonne und genieße den Morgen. Im Park ist es noch ruhig, nur weit hinten sehe ich einen weiteren Spaziergänger mit Hund. Die Vögel pfeifen ihre Lieder und am blauen Himmel ziehen einzelne Wattewölkchen. Es duftet nach mehr, würzig von der Erde und leicht süß von den blühenden Büschen. Ich trage meinen Kaffee wie immer in meinem alten Thermosbecher bei mir und bin einfach zufrieden. Mein Hund schnüffelt die neuesten Beiträge seiner Kumpels vom Boden auf und freut sich über ein kleines Leckerli dann und wann.

Tatsächlich ziehen zwei Stunden später graublaue Regenwolken auf und schlucken nicht nur das Licht, sondern auch ein bis zwei Grad Außentemperatur. Doch mittlerweile sitze ich am Schreibtisch, eine dampfende Tasse Tee neben und den Laptop vor mir. Ich habe meine Vitamin D-Speicher gefüllt und neue Energie getankt. Unser Hund schnarcht die frische Luft weg und ich überlege, welche inspirierenden Beitrag ich heute zuerst auf meiner Nachrichten- und Medienseite „Das Heute“ teilen werde. Viele haben mich erreicht, viele Geschichten während und nach der Corona-Krise. Geschichten von Veränderungen, von Rückwärtsdenken und Vorwärtsgehen. Nicht alle hatten einen positiven Kern, denn der Virus hat viel Leid gebracht. Aber eben auch einen Wandel. Ich habe das Gefühl, dass der Mensch – auch ich – respektvoller mit seinen Ressourcen umgeht. Und auch mit seinem Gegenüber.

Mitten in meine Gedanken hinein, klingelt das Telefon. Ein lieber Freund erkundigt sich nach meinem Wohlergehen und das meiner Familie. Wir kennen uns mittlerweile über zwanzig Jahre. Wir plauderten am Telefon über das aktuelle Leben und ich erzählte ihm von unserer Tochter, dass sie nun bald in den Kindergarten käme. Wo ist die Zeit nur hin? Seine Ziehtochter beginnt im Sommer ihre Ausbildung als Bestatterin. Ich finde das noch immer ungewöhnlich, freue mich aber, dass sie sich so für diesen Beruf begeistern kann und in der Lehrstelle angenommen wurde.

„Weißt du noch, letztes Jahr?“, fange ich an zurückzudenken. „Kannst du dich noch daran erinnern, wie du mir sagtest, ich solle positiv denken? Schau, wohin es mich gebracht hat. Uns alle.“

Wir verabreden uns für den nächsten Tag auf eine gemeinsame Hunderunde.

Später am Tag. Ich stehe an der Kasse im Supermarkt. Hinter mir, mit etwas Distanz, ein älterer Herr. Sein Haarschopf ist voll, aber komplett ergraut. Ich schätze, dass er seit mindestens zehn Jahren seinen Lebensabend genießen kann. In seinem Wagen liegt eine Flasche Weißwein. Er fängt meinen Blick auf und lächelt. „Es gibt Fischfilet. Meine Frau hat den Wein vergessen.“

Ich nicke ihm zu. „Lassen Sie es sich schmecken!“ Dann bezahle ich und wünsche der Kassiererin und dem Alten einen schönen Abend.

Am Ende wird doch alles gut, oder?

„Denn wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“, möchte ich Oscar Wilde zitieren.

Und dann summe ich „Heile, heile Gänschen, es wird alles wieder gut.“ Nicht weil ich langsam verrückt werde, sondern weil ich an meine Tochter denke und wie ihr dieses Lied hilft, mit einer schmerzhaften Situation umzugehen. Und dann lache ich, weil auch eine Rutsche sie von unangenehmen Dingen ablenkt. Oder Pfützen.

Ich erinnere mich an eine Situation vor wenigen Tagen. Es regnete Bindfäden. Auf dem Gehweg vor unserer Eingangstür hatte sich eine Landschaft aus großen und kleinen Pfützen gebildet. Meine Tochter, mit Matschanzug und Gummistiefel bestens ausgestattet, interessierte das Nass von oben überhaupt nicht, vielmehr war sie von dem unteren fasziniert und hüpfte in die größte Pfütze hinein. Ich ließ ihr diesen Spaß und lachte. Kurzentschlossen setzte ich meine Kapuze auf und sprang ebenfalls inmitten der Pfütze, in das Wasser, in das Leben!

Denkt positiv und bleibt gesund!

*auf meinem Blog Stadtkolumne

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