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Man bekommt nicht immer das, was man will, sondern dass was man braucht.

Bäm!, knallt mir dieser Satz um die Ohren. Ich denke nach. Lange sogar und immer mal wieder. Stimmt das? Ist es so einfach?

Ich will ein Auto und bekomme ein 9-Euro-Ticket für die Öffentlichen. Ich will mit meiner Familie Urlaub in Sizilien machen und lande dennoch das dritte Jahr infolge an der polnischen Ostsee. Meine Freundin wollte einen Mann und bekam einen Hund. Eine andere erhielt einen Sommer voller Abenteuer, statt nur für eine Nacht. Ein Bekannter wollte mit 30 Jahren Millionär werden. Heute hat er eine Frau und zwei Kinder, aber keine Millionen auf dem Konto. Er ist Anfang 40 und glücklich. Sie will Chanel und bekommt H&M. Er wollte Unternehmer werden und ist nun Politiker. Ich könnte ewig so weiter machen. Beispiele aufzählen. Auch die, die richtig weh tun, die sich nicht mit schönen Worten erklären lassen. Doch dann stehe ich da, mit meinem Satz:

„Man bekommt nicht immer das, was man will, sondern das was man braucht.“

…und möchte ihn in die Tonne kloppen.

Dennoch ist viel Wahres dran. Rückblickend ordneten sich die Dinge so, wie ich sie brauchte. Nicht immer, wie ich sie wollte. Vieles davon war zum Verstehen und daraus lernen. Manches, um zu wachsen und einiges brauchte ich tatsächlich nicht. Darum habe ich es nicht bekommen. Die Harley Davidson zum Beispiel.

Oder die Zeit ist noch nicht gekommen, um dieses Wollen in die Tat umzusetzen. Weil andere Ziele wichtiger sind, weil das Leben, was manchmal ganz nebenbei geschieht, mehr Priorität bekommen soll.

Meine Freundin war vor ein paar Tagen bei mir, um nach einem Konzert-Outfit in meinem Schrank zu suchen. Wir tauschen heute noch Kleidung und Meinungen aus und bekommen auch da nicht immer, was wir suchen. Zum Beispiel eine Hose geschenkt, statt einer Jacke geborgt. Weil die mir soundso nicht mehr passt und ihr viel besser steht. Sie zeigt auf ihren Bauch und meint, sie hätte ihn gern straffer. Ich zeige auf meinen und meine: „Da war ein Baby drin. Bei dir und bei mir. Das darf so aussehen. Das muss nicht straff und muskulös sein. Du bist nicht Heidi Klum. Ist nicht dein Job, damit Geld zu verdienen. Und stell dir vor, was du dann noch bekommen hättest: Tom Kaulitz als Mann.“

Sie guckt mich an, lacht und sagt: „Okay, ich nehme lieber deine Hose, die passt wenigstens in der Taille.“

Später am Tag sitze ich am Laptop und versuche klare Gedanken auf den Monitor zu bringen. Das ist schließlich mein Job. Aber irgendwie will es nicht funktionieren. Außer einer Mischung aus: Ding von Seeed und dem Intro von Bibi & Tina, feuert kein weiterer Geistesblitz auf die Tastatur vor mir. Also lasse ich es und mach das, was ich in solchen Momenten immer tue. Ich gehe mit dem Hund raus oder räume auf. Hund ist schon draußen, also nehme ich mir die Shampoo-, Seifen-, Zahnpasta- und Restbestände-Schublade im Bad vor. Kennt jeder. Da wo sich Haargummis mit halbverbrauchten Nachfüll-Flüssigseifen treffen, der Deckel vom fast leeren Shampoo nicht richtig sitzt und ein Pfützchen davon den Karton der tollen französischen Seife aufgeweicht hat, die wiederum leicht angefeuchtet ihre Blumenmusteroberfläche eingebüßt hat. Dazu gesellen sich noch ein paar Staubmäuse und ausgefallene Haare. Hm. Da kommt Freude auf. Ich überlege kurz, alles wieder hineinzuschmeißen und mit mir selbst spazieren zu gehen. Da sehe ich eine Glasflasche ganz hinten, einen Flakon, der noch bis fast oben hin gefüllt ist, mit bernsteinfarbener Flüssigkeit. Mein Lieblingsparfum. Wie es da wohl hingekommen ist? Egal. Die Freude ist riesig, weil ein Fläschchen davon seit ein paar Tagen auch in meinem digitalen Einkaufswagen schlummert und ich zu geizig bin, diesen an die Kasse zu fahren. Wir wollen schließlich in den Urlaub und dort will ich NICHT kochen. Für 60 Euro können wir an der polnischen Ostsee glücklicherweise noch immer zwei Abende als 3-köpfige Familie essen gehen. Gut riechen gegen gut essen. Ich hatte mich für das Essen entschieden. Und dann einen Flakon meines Parfums im Badschrank entdeckt.

Gefunden hatte ich dazu noch ein paar Gedanken und Worte. Die erst heute, wohl aber zum richtigen Zeitpunkt auf das Papier kommen. Auch wenn Seeed noch immer in meinem Hirn schunkelt. Das liegt jedoch am Konzert vom vergangenen Samstag. Ich hatte mir nicht viel davon versprochen. Nach einem gigantischen Coldplay-Konzert würde mich diese deutsche Reggae-Band nicht vom Hocker reißen. Das Wochenende begann sehr früh (Weshalb werden Kinder am Wochenende so zeitig wach und in der Woche nicht?). Es regnete. Der Himmel war grau und meine Stimmung auch. Aus Gründen. Am Abend fieselte noch immer feinstes Regenwasser vom steingrauen Himmel. Die Band verspätete sich. Und mit den letzten Wassertröpfchen blitzten plötzlich Lichter, Stimmen und Stimmung auf. Eine aromatisch duftende Wolke zog über die Menschenmenge und Seeed startete entspannt, sich im Takt der Musik wogend. Das Konzert wurde zum absoluten Knaller und rettete nicht nur mir den Tag und die Laune. Was ich wirklich brauchte.


So, heute bin ich ziemlich gut drauf Zieh’ mich schick an setzt ‘n Hut auf…

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