top of page

Ein Lächeln für dich.

Ich bin zappelig. Hibbelig. Die Gedanken in meinem Kopf werden lauter. „Stop! Stop! Stop!“, rufe ich und atme tief ein. Ich atme aus. Noch einmal. Die Stimme der Schmutzwäsche wird leiser, auch die Teller und Tassen aus dem Abwasch in der Küche versiegen in ein kaum vernehmbares Flüstern. Die unbeantworteten E-Mails verstummen. Ich atme weiter. Das Handy klingelt und ich schalte es einfach aus. Ruhe. Stille. Nichts geht und nichts kommt. Ich atme in das Jetzt und konzentriere mich. Ich schalte das Chaos des Alltages aus. Später, wenn ich wieder auftauche, wird es wieder lauernd vor mir hocken und mich freudig anspringen, bevor ich versuche, ihm Herr zu werden. Später. Dieser Moment ist nur für mich. Jetzt ist die Zeit für wichtige Dinge. Für diesen Text, den ich so gern schreiben möchte, weil ich eben darin Entspannung finde. Im Schreiben. Im Gedanken sortieren. Im Träumen und Denken. Dorthin möchte ich Euch mitnehmen.


Es ist noch früh am heutigen Morgen. Die Novembersonne krabbelt gerade am Horizont über die Bäume und streckt ihre rotgoldenen Arme über die gefrorenen Wiesen. Ihr Winterfeuer bricht sich im Raureif der Grashalme und vor mir liegt ein funkelnder grün-weißer Teppich. Ich puste dampfende Atemwölkchen in meinen warmen Wollschal und betrachte voller Freude diesen neuen Tag. Selbst mein Hund, für diese Stunde schon ungewöhnlich munter, wackelt ausgiebig mit Hintern und Rute, weil er nicht anders kann. Freude ergreift bei ihm den ganzen Körper. Wo andere Hunde mit der Rute wedeln, schaukelt er den ganzen Pelz. Ich lache ihn an. Er lacht zurück. Wir gehen weiter. Das trockene Laub knirscht erfroren unter meinen Stiefeln. Die letzten Blätter segeln langsam zu Boden und enthüllen nackte Bäume. Es riecht nach Schnee. Irgendwo im Park höre ich ein Kind lachen. Ich möchte die Welt anhalten, so gut fühlt sich dieser Moment an. Und während ich durch den Park laufe, lächele ich in Gedanken weiter. Dabei stiehlt es sich auf mein Gesicht, ohne dass ich es merke – dieses Lächeln.

Zwei alte Damen kreuzen meinen Weg. Die eine im Rollstuhl, die andere schiebend dahinter. Sie sind beide ganz still und ein wenig starr im Gesicht. Ich schaue auf die alte Frau im Rollstuhl. Ihre Augen sind nicht mehr ganz klar und wahrscheinlich auch nicht ihr Verstand. Sie schaut zu mir auf und unwissentlich schenke ich ihr mein Lächeln. Ich sehe ihr nach, wie sie es weiter trägt und erfreue mich daran.

„Wie winzig so ein Augenblick ist und doch kann er den Tag verändern.”, denke ich und nehme mir vor, mehr von diesem Lächeln zu verschenken. Und tatsächlich, es funktioniert. Ein Jogger läuft schnaufend an mir vorbei, schaut erst misstrauisch auf meinen Hund, der neugierig an einem Busch schnüffelt, und dann mich an, wie um sich zu vergewissern, dass mein fellnasiger Freund tatsächlich nicht an seinen strammen Waden interessiert ist. Ich antworte auf seine stumme Frage mit einem Lächeln. Erst irritiert, dann mit leicht nach oben zuckenden Mundwinkeln, federt er weiter durch den frischen Morgen. Später läuft er noch einmal an mir vorbei und lächelt zögerlich nicht nur mich, sondern auch meinen Hund an. Und weil es so gut funktioniert, verschenke ich auf dem Nachhauseweg gut gelaunt weiter mein Lächeln. An die Postfrau und den Bäckersmann, an den netten Autofahrer, der wartend mich die Straße überqueren lässt, an den Nachbarn, der gerade die Tür öffnet und an meinen Freund, der mir mit den Worten: „Du bist aber heute gut drauf!“, einen Kuss auf die kalte Nasenspitze gibt.

Ich habe heute vielfach mein Lächeln verschenkt und doch hatte seine Fülle kein Ende. Denn immer wenn ich es hergab, erhielt ich ein neues zurück. Und wenn mein Lächeln einst verschwunden scheint, so bin ich mir sicher, wird es mir auf einem anderen Gesicht wieder begegnen.

Ich wünsche Euch eine sonnenschöne neue Woche.

Mit einem Lächeln, Mandy

0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page