Deutschland deine Schulen.
Aufstehen aus dem Digitalisierungshinterland!
Die Corona-Krise darf keine Bildungskrise werden. So steht es auf der Seite des Bildungsministerium für Bildung und Forschung. Doch wo stehen wir? Fast inmitten des Jahres 2021 nach über einem Jahr Leben mit Covid-19? Wie weit ist der digitale Bildungsstandard fortgeschritten?
Ich frage nach. Bei Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Bei Lehrern. Im Bildungssektor selbst und bei Gesellschaften, die sich für die digitale Bildung einsetzen. Ich höre zu und bin erstaunt, wie langsam die Mühlen in einem als so fortschrittlich berufenen Land wie Deutschland mahlen. Überall scheint Widerstand. Es werden Mauern gebaut, aber nur wenige Brücken. Schulen rufen bei einem lokalen Radiosender an, der in Zusammenarbeit mit einer Finanzgruppe die Digitaloffensive für Schulen gestartet hat. Dort können sich Lehrer, Schulleiter und schulische Mitarbeiter um einen 1.000 Euro – Zuschuss für digitale Unterrichtsmittel bewerben. Doch die Fördermittel aus dem staatlichen Digitalpakt Schule sind noch längst nicht abgerufen.
Der DigitalPakt Schule – ein einseitiger Handschlag
2018 haben die deutsche Bundesregierung und der Deutsche Bundestag angestrebt, die Digitalisierung in den allgemeinbildenden Schulen mit 5 Milliarden Euro zu fördern. Mitte März 2019 wurde der Digitalpakt endgültig beschlossen. Am 17. Mai 2019 trat die „Verwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024“ in Kraft.
5 Milliarden Euro! Das sind bei rund 40.000 Schulen ca. 120.000 Euro pro Einrichtung. Abgerufen wurden bis Mitte 2020 15,7 Millionen, also ca. 400 Euro pro Schule. Ein Bruchteil dessen, was zur Verfügung steht. Was steht dem Ganzen im Weg? Warum wird so wenig in die digitale Bildung investiert?
Unsere Kinder werden einmal Berufe ausführen, von denen wir heute keine Ahnung haben. Ein Beispiel sind die Online Marketer. Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass es dieses Berufsbild einmal geben würde. Oder ein Software Engineer Mobile, der APP-Entwickler. Der Drohnen-Piloten für den Versandhandel oder auch als Gadget zur Hochzeitsfotografie. KI-Entwickler.
Eltern in Doppelschicht – oder das hybride Klassenzimmer
Eltern erzählen mir, dass sie die Lehrer am Küchentisch sind. Aber auch selbst Schüler. Viele müssen sich in den Unterrichtsstoff erst einlesen, da die eigene Schulbildung länger her ist und oftmals auch von anderen Inhalten gestaltet war. Doch wo ist der Lehrer, der seinem Schüler den Stoff vermitteln soll? Er bewegt sich im Präsenzunterricht des Wechselmodells. Weil der aktuelle Insidenzwert verlangt, dass Schüler nur Woche um Woche oder Tag um Tag die Schule besuchen dürfen. Kein durchgehender Unterricht an den Schulen. Und scheinbar keine Möglichkeit, den Unterricht auch in voller Kraft digital auszuführen. Geht Schule nicht auch parallel? Homeschooling trifft auf den Klassenraum? Analog trifft auf digital? Eine Kamera, ein Mikrofon. Eine interaktive Tafel, deren Inhalte auch am heimischen Rechner darstellbar sind? Das virtuelle Klassenzimmer, dass gleichzeitig vor Ort ist? Die eine Hälfte der Schüler wird im Klassenraum unterrichtet, die andere Hälfte sitzt am heimischen Rechner und verfolgt in Echtzeit den Unterricht. Das hybride Klassenzimmer. Die Technik dazu gibt es. Die digitale Tafel – das Active Panel – zum Beispiel von PrometheanWorld (https://www.prometheanworld.com/de/). Das ist noch lange nicht zu Ende gedacht, aber eine Möglichkeit. Ein Gedanke von vielen. Was sind also die Hürden?
Eine ist zum Beispiel, dass viele Schulen noch mit der Prüfung ihrer aktuellen informationstechnologischen Ausstattung beschäftigt sind und ihre Bedarfe ermitteln müssen. Sie haben deshalb noch keine Fördermittel beantragt.
Eine andere Hürde ist, dass viele Schulen ihre Medienkonzepte noch nicht eingereicht haben, was wiederum Grundvoraussetzung dafür ist, überhaupt Mittel beantragen zu können. Sind die Anträge zu bürokratisch? Und wenn es so ist, wer bringt Licht in das Dunkel? Denn hell muss es werden, damit unser höchstes Gut, die Bildung, nicht hinter einer Sichtschutzwand verkümmert. Wenn es nicht anders geht, dann müssen den Behörden und Schulen professionelle Agenturen zur Seite gestellt werden. Und die gibt es. Sie unterstützen zum Beispiel auch bei dem brisanten Thema der Zusatzkosten. Zusatzkosten entstehen, wenn Geräte gewartet werden müssen, Lehrern das digitale Lernen gelehrt werden soll, für den IT-Support und vielen anderen kleinen Wegsteinen, die in der Summe Kosten bedeuten. Kosten die nicht vom Digitalpakt gedeckt werden, da dieser beispielsweise die Anschaffung von Servern oder Hardware beschreibt, nicht aber deren Reparatur. Das stellt für viele Schulen ein Problem dar, denn diese Zusatzkosten müssen aus eigener Tasche finanziert werden oder von der Stadt oder auch Kommune. Doch wenn das Schul- oder Haushaltssäckel nicht ausreichend gefüllt ist, wird gespart. Damit leider auch an Bildung. Dabei benötigen wir dringend schlaue Köpfe. Fachwissen. Didaktik. Wir brauchen die Genies in ihren Gebieten. Der Garten- und Landschaftsbauer, der sich mittels Videochat einen ersten Eindruck vom nächsten Parkprojekt machen kann und virtuell mit der Stadt zusammenarbeitet, bevor es aktiv an die Luft geht. Der Bürokaufmann, der ein Profi ist im Umgang mit Microsoft 365. Die Kinderärztin, die an der Entwicklung schmerzfreies Impfen bei Säuglingen beteiligt ist. Weil sie an weltweiten Fachkongressen von zuhause aus beiwohnen und den Austausch mit Kollegen just in time vornehmen kann. Kleine Beispiele mit großer Wirkung.
Die Richtungs- und Wegweiser
Manchmal braucht es einfach jemanden, der die Richtung zeigt. Jemanden, der an die Hand nimmt. Und dieser jemand ist zum Beispiel die Gesellschaft für digitale Bildung (https://www.gfdb.de). Die GFDB sieht sich als Antwort auf den Digitalpakt Schule und schreibt auf ihrer Homepage:
„Das Ziel ist klar, der Weg dorthin eine Herausforderung. Schulen brauchen deshalb einen starken Partner, der den DigitalPakt in der Praxis einfach, schnell und zuverlässig mit Blick auf die pädagogischen und technischen Notwendigkeiten flächendeckend umsetzt.“
Ich habe mit einer Mitarbeiterin gesprochen und viele wertvolle Informationen erhalten. So berät das Hamburger Unternehmen nicht nur Schulen, sondern stellt auch Fachkräfte an die Seite, welche Lehrern die digitale Welt näher bringt – und die Sorge vor dem Umgang damit nimmt. Im Übrigen von Lehrern für Lehrer. Die Referenten sind selbst ausgebildete Lehrkräfte, die die Gesellschaft für digitale Bildung auf ihrem Weg unterstützen. So lernt es sich gleich angenehmer. Auch was die Hardware betrifft, denn da kann man aktuell unter drei Systempartnern wählen. Apple. Microsoft Surface und Samsung Neues Lernen. In den Komplettlösungen sind auch die Einrichtung und Wartung der Geräte enthalten. Ein rundum-Sorglos-Paket, dass noch mehr an Bekanntheit gewinnen muss. Ein Partner, der den Weg weist. Denn die Schul-Digitalpakt-Maschinerie bewegt sich noch immer zu behäbig durch Deutschland.
Dazu kommt, dass die Internetabdeckung nicht flächendeckend agiert und manche Haushalte, selbst Schulen entweder eine 16Mbit-Leitung oder schlimmstenfalls, gar kein Netz haben. Warum? Die Notwendigkeit wurde nicht früh genug gesehen. Da sind andere Länder wesentlich weiter als Deutschland.
Von unseren Nachbarn lernen
Schauen wir doch einmal über den Tellerrand bzw. über die deutsche Grenze zu unseren europäischen Nachbarn im Norden. Die Finnen. Knapp 90 Prozent der finnischen Grundschüler (!) hatten schon vor Corona Zugang zu Onlineunterrichtstools. Gefolgt von Schweden, den Niederlanden, Spanien, Italien… Deutschland steht mit knapp 10% nur noch vor Griechenland. Warum ist das so?
Finnland ist fast so groß wie Deutschland, hat aber „nur“ 5,8 Mio Einwohner (im Vergleich Deutschland mit 83 Mio. Einwohner). Um in Kontakt zu bleiben, werden digitale Mittel vermehrt und auch eher genutzt. Tatsächlich hat Finnland eine sehr gute flächendeckende Internetverbindung. Das ist schon einmal der erste Punkt. Es wurde frühzeitig investiert. Wahrscheinlich weil es nötig war.
Der nächste wichtige Punkt ist, dass alle Haushalte und Schulen mit Geräten ausgestattet wurden. Für Schüler, die keinen eigenen Laptop oder Computer haben, gibt es die Möglichkeit, sich einen von der Schule auszuleihen. Digitalisierung ist in Finnland verpflichtend, die Schulen sind dazu angehalten, digitale Mittel zu nutzen. Dabei werden sie finanziell unterstützt. Alle finnischen Verlage haben alle Lernbücher und Unterrichtsmaterialien gratis ins Netz gestellt.
Zudem gibt es seit fast 20 Jahren eine Internetplattform namens Wilma, welche von finnischen Lehrern und Eltern genutzt wird. Diese ist als App-Version anwendbar, oder direkt über den Computer. Lehrer können Hausaufgaben darüber versenden, Nachrichten an die Eltern schreiben und ein Feedback zu den Arbeiten und Lernerfolgen der Kinder geben. Somit sind auch die Lehrer und Eltern in regelmäßigem Kontakt. „Prima!“, möchte man rufen.
Und: „Uff!“, wenn man die Sonderauswertung der Pisa-Studie 2018 betrachtet. Deutschland ist innerhalb der OECD die Digitalisierung betreffend, praktisch ein Entwicklungsland. Platz 66 von 78 teilnehmenden Ländern in der Verfügbarkeit von Onlinelernplattformen. Platz 76 von 78 was die digitale Ausbildung der Lehrer betrifft.
Wir müssen Umdenken um die Zukunft lebendiger zu gestalten
In Deutschland gibt es eine Schulpflicht, aber die Digitalisierung ist im Vergleich zu Finnland nicht verpflichtend. Obschon zukunftsweisend und aktueller denn je.
Brauchen wir dafür auch eine gesetzliche Regelung und wäre diese überhaupt durchsetzbar? Oder kann man auf die Freiwilligkeit der Schulen und Lehrer setzen, digitale Möglichkeiten, Programme und Plattformen zu nutzen? Natürlich erst, wenn alle anderen Hebel getätigt worden sind. Zuerst ein möglichst flächendeckendes Internet, an dem zum Beispiel Vodafone mit Hochdruck arbeitet. Als einer der größten Mobilfunkgesellschafter setzt sich das deutsche Tochterunternehmen der britischen Vodafone Group verstärkt für den Netzausbau ein, um Deutschland wieder zu einem fortschrittlichen und zukunftsweisenden Land zu machen. Und die Zukunft, das sind unsere Kinder. Bildung ist unsere Zukunft.
Hebel Nummer zwei ist die finanzielle Ausstattung der Schulen und Schüler und damit einhergehend, der Umgang mit der Technik. Dann das Lernen. Und auch das Willkommen heißen von neuen Dingen. Nicht: „Weil es schon immer gut war, muss es gut bleiben.“ Sondern die Zukunft aktiv, vorausschauend und lebenswert gestalten.
In einem Interview erzählte Verena Pausder, u. a. Expertin für Digitale Bildung, dass sie eine Vision davon hat, wie Unterricht sein könnte. Nämlich fächerübergreifend.
Ich stelle mir das Gesetz der Gravitation vor, wie es im Physikunterricht erklärt, im Kunstunterricht umgesetzt und im Deutschunterricht im Vergleich mit der Resonanztheorie besprochen wird. Das könnte Schule sein. Ein einheitliches Lernen. Ein komplexes Verstehen. Es sollte zudem ein Unterrichtsfach geben, was Digitalisierung erklärt und lehrt.
Doch der Ist-Zustand ist ein anderer. Deshalb müssen wir weiter blicken und nicht nur nach vorn schauen, sondern auch in andere Länder. Finnland. Schweden. Die Niederlande. Wie wird dort mit der Digitalisierung an Schulen umgegangen? Was kann übernommen werden?
„Du musst mit den Augen und Ohren mopsen.“, sagte schon mein alter Zeichenlehrer vor über 30 Jahren. Und genau das wünsche ich mir. Das mehr hingeschaut wird, mehr angeschaut, nachgedacht, weitergedacht und das Gute übernommen wird. Es muss nicht immer besser sein, aber es kann anders werden. Und gut. Zukunftsweisend. Arbeitserleichternd. Unterstützend. Fördernd. Bildend.
Und vielleicht wird die deutsche Bildungsministerin in wenigen Jahren einen ähnlichen Satz prägen, wie Tanja Huutonen von der finnischen Botschaft in Berlin: „Eltern sollen bei uns keine Lehrer sein. Sie sollen darauf achten, dass die Aufgaben gemacht werden, aber sie sollen nicht unterrichten.“
Vielleicht wird das deutsche Kindergartenkind von heute, einer der führenden Impfstoffentwickler von morgen. Weil es neben seiner eigenen Intelligenz auch die der künstlichen zu nutzen weiß. Weil es neben analog auch digital zu arbeiten weiß und sich mit vielen anderen Entwicklern weltweit vernetzen kann, um Wissen auszutauschen. Und das braucht die Welt. Wissen. Aus allen Ländern. Denn die nächste Pandemie wird kommen. Doch dann sind da Menschen, die damit umzugehen wissen. Schneller und effizienter.
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